Das Leben nach aussen kehren
Samstag, 17. Februar 2007
Tag 9
Samstag, 17. Februar 2007, 17:54
Nun sind wir also in gernika. Hier beginnt das erschreckendste kapitel unserer reise. Viele kleine zeichen, die für mich die stimmung verstärken, die ich durch das lesen über die zerstörung guernikas hatte.
Es beginnt subtil: eine kleinstadt, die anders als die spanischen dörfer aussieht. Dann der rezeptionist eines hotels, der uns von einem anderen pension abrät. Ein anderer bewohner, der genau das gleiche wiederholt. Die andere pension: ausgebucht. Die aktion wie uns ein säufer vor der tür erzählt, wie wir zur jugendherberge kommen, während in seinem rücken ein unangehmer typ die pension betritt – der besitzer. Später zwei basken, die uns hilfsbereit zur jugendherberge in ihrem auto fahren, die aber trotz all dieser hilfe, die ein bisschen erzwungen wirkt, reserviert sind. Die jugendherberge: geschlossen – um acht uhr abends.
Der nächste morgen: wir betreten das friedensmuseum von guernika. Viele theorien an den wänden zum thema frieden. Doch alle wirken oberflächlich, wenig fundiert und interesse weckend. Markus kommentiert: „das ist doch genau das, was derundder sagt“.
Die dokumentation der zerstörung. Doch im ganzen museum findet sich kein hinweis darauf, warum die deutschen guernika angegriffen haben. So verlassen wir das museum also wieder, seicht friedensmäßig angehaucht. Erst wikipedia wird später erklären, dass es sich um einen taktischen angriff handelte, mit dem ziel das dorf und die brücke, die für truppenbewegungen genutzt wurde, zu zerstören. Kurios: das dorf wurde zwar nahezu ausgelöscht, die brücke blieb aber stehen.
Das mittagessen nehmen wir in einem speisesaal einer gaststätte ein, den eine psychisch kranke, dicke frau mit uns teilt. Und während wir suppe in uns hineinflößen, begleiten uns die flirtversuche, wehklagungen und weinattacken der frau. Schnell haben wir den comedor wieder verlassen. Die besitzerin der gaststätte lädt uns noch auf einen kaffee ein – umsonst. Sie wirkt, wie die andere bedienung nicht glücklich mit dieser situation. Anscheinend eine familiengeschichte in die wir hineingeraten sind, die dickliche frau ein mitglied der familie, dass hier durchgefüttert wird. Dann die überraschung: für einige teller suppe, cafe und nachtisch sollen wir 20€ bezahlen. Markus handelt die Besitzerin noch auf 16€ herunter, dann fliehen wir aus Guernika.
Das Gefühl, dass Guernika in uns hinterlässt, ist ungut, morbid. Für mich kann man noch heute die Spuren der Verwüstung in einigen Bewohnern erkennen. 70 Jahre, zwei Generationen später. Und ein bisschen ist das, was mit Guernika im Jahre 1937 geschah einer Vergewaltigung ähnlich. Unerwartet fiel etwas über die Stadt her, tat ihr Leid an. Und die Stadt konnte sich nicht gegen diesen Luftangriff wehren, war auch in keinster Weise darauf vorbereitet. Noch heute vetreten einige Chronisten die Theorie, dass die Zerstörung Guernikas gleichsam die Erprobung des totalen Kriegs war. Und obwohl Einblicke in die Akten der Legion Condor ergeben haben, dass es für die Deutschen formell nur eine taktische Mission war, hat das Bombardement viel mehr verursacht, als nur Gebäude zu zerstören.
Ein Angriff auf die Zivilbevölkerung ist in keinster Weise zu legitimieren. Und wer diesen Satz nicht versteht oder zu abgedroschen empfindet, der sollte sich Guernika anschauen. Dann wird er verstehen.

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