Das Leben nach aussen kehren
Mittwoch, 27. Februar 2008
von weißen müllfahrzeugen und schwarzen hunden
Mittwoch, 27. Februar 2008, 10:14
Zuerst war da dieses verrückte Grinsen, das wiederspiegelte: Dieser Gedanke ist gegen jede Logik.
(Und gleichzeitig war dieses Grinsen der Ausdruck meines wirklich Wunsches, deshalb das Grinsen auch so schön.)
Es war neun Uhr abends und nach einem Kaffee, begleitet von einer Zigarette, dachte ich: Wir könnten doch morgen den Vesuv besteigen.

Dagegen sprach einiges: Wir hatten keine genauen Karten des Zielgebiets, waren übermüdet und meine Zugabfahrt um 18h am nächsten Abend schmälerte die zur Verfügung stehende Zeit ein. Denn neun Stunden würden für die Aktion bestimmt ins Land gehen.

Egal.

Neun Stunden später. Die Straßen von Neapel sind so friedlich wie noch nie. Kein Verkehrschaos, keine durch die Straßen rasenden Jungendlichen, keine Überfallgefahr. Nur eine frische Kühle und Stille, die Mut macht.

Nach Nutzung eines Zuges stoßen ich und Markus gegen halb neun auf der Asphaltstraße vesuvaufwärts auf einen Müllwagen in weiß. Dessen Fahrer stoppen und bieten uns eine Mitfahrt bergauf an. Ich verweigere stolz, schließlich soll hier gelaufen und gelitten werden, doch Markus willigt ein.
Auf zwei Trittbrettern hinter dem Wagen stehend, werden wir schwungvoll in die 180°-Serpentinen des Aufstiegs gedrückt. Markus findets geil, ich misse die Sicht, die der Aufbau des Wagens verdeckt. Zumindest: ein sanfter Wind umweht uns, das Lächeln ist zurück.

Bald nachdem uns die Müllwagenfahrer an einer Kreuzung abgesetzt haben, treffen wir auf eine Meute dreier Hunde, die kläffend, von einem Auto aufgescheucht, bergauf explodiert. Zwei von ihnen zeichnen sich durch ihr hohes Alter und Trägheit aus, der dritte von ihnen, eine schlanke schwarze Kreatur, wird von jetzt an beständig mit wahlweise links, rechts oder mittig hängender Zunge (was für eine Zunge, wie lang!) unseren Aufstieg begleiten.
Der Hund ist wirklich phänomenal. Wuselt er doch mit deutlich höherer Geschwindigkeit als wir bergan und verschwindet völlig unkalkulierbar mal links oder rechts oder links im Gehölz und kehrt dann völlig unverhofft zurück.
Bis zum Gipfel haben wir ihn richtig liebgewonnen.

Zum Dank dafür zeigen wir ihm einen ihm völlig neuen letzten Weg zum Gipfel hoch. Denn schließlich soll es am Ticketschalter und Parkplatz unterhalb des Vulkankraters ein Loch im Zaun geben, das wir auch prompt finden und nutzen.

Kurz vor Erreichen des Gipfels werden wir von einem italienischen Tourguide gestoppt, der unsere Tickets sehen will. Die haben wir natürlich nicht, doch Markus mimt in gekonnter Manier den Unschuldigen. Die Strategie führt zum Erfolg, denn nachdem der Guide noch erkannt hat, dass wir Deutsche sind und er uns am Morgen noch am Fuße des Vesuvs gesehen hat, gewährt er uns einen kurzen Blick auf den Vulkankrater mit den Worten: "Go take some fotos". Mit geistig klickenden Auslösern registrieren wir das tiefe schmale Loch, dass sich von oben in den Berg frisst.

Auf dem folgenden Abstieg lässt der Hund erstmals nicht nur seine Zunge sondern auch seine Gewandheit (oder gar Genialität?) raushängen. Nachdem ich ich schon mein Unbedenken angesichts einer Horde bergab brechender Mountainbiker geäußert habe, übertrifft der Hund noch meine Erwartungen. Lässig und ohne nach hinten zu schauen, begegnet er den mit 40 km/h heranrasenden Bikes mit einem wie zufällig wirkenden Ausweichen zwischen zwei Absperrsteine, die am abfallenden Hang stehen. Würdig bergabschauend steht er dar, während hinter ihm Staub aufgewirbelt wird.

Diese Eleganz wird später nur noch von der Gewandheit überboten, mit der der Salamibrot fressende Hund während des Kauvorgangs lässig das Brot wieder ausspuckt, die Salami dagegen behält.

Mehrere Stunden später scheuchen wir dann noch beim Eintreten in eine Stadt den Hund bergan zurück, suchen einen Bahnhof und lassen uns in den gerade einrollenden Zug sacken.

Die Sonne strahlt in mein Gesicht, während beliebige Häuser schwammig an mir vorbeiziehen und es bleibt mir nur noch zu lächeln.
Denn verstehen tue ich nach der Anstrengung nichts mehr.

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This story was sponsored bei Markus - thanks!

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